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Das englischsprachige Original des vorliegenden Buches „Moderne chinesische Grammatik“, verfasst von den amerikanischen Professorinnen Claudia Ross und Jing-heng Sheng Ma, ist in der angelsächsischen Hochschullandschaft bereits seit gut einem Jahrzehnt als Standardliteratur bekannt. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass es dem Schweizer Verlagshaus Chinabooks nun gelungen ist, diesen umfassenden Leitfaden für Chinesisch-Lernende aller Spachniveaus endlich auch in einer deutschsprachigen Ausgabe zur Verfügung zu stellen.
Im Vergleich zu den hiesig weit verbreiteten germanischen und romanischen Sprachen stellt das Erlernen des durchaus fremdartigeren Hochchinesisch eine besondere Herausforderung dar. Abgesehen von der ungewohnten Tonalität und der für den westlichen Lerner im Resultat erschwerend stark eingeschränkten Silbenzahl stehen vertraute grammatikalische Logiken - wie beispielsweise das Vorhandensein einer Deklination und die (im engeren Sinne) Flexion von Verben - als Orientierung nicht zur Verfügung. Hinzu kommen mit den Aspektpartikeln, Ergebniskomplementen, Zähleinheitswörtern und vielen anderen Phänomen eine Vielzahl gänzlich neuer Kategorien ins Spiel, die in der Folge auch eine Art der Grammatikvermittlung voraussetzen, die über traditionelle Ansätze hinaus geht. Und genau dieses ist den Autorinnen des vorliegenden Werkes mit Hilfe ihrer Unterteilung in zwei große Abschnitte außerordentlich gut und innovativ gelungen.
Mit dem ersten Teil des Buches wird ein für westliche Lernende weitgehend vertraut strukturiertes, normatives Nachschlagewerk für grammatikalische Regeln angeboten. Hierbei wird nicht nur durchgängig konsequent auf etablierte Kategorien zurückgegriffen, sondern es werden auch im Falle besonders fremdartiger Phänomene ausführliche Erklärungen mit Hilfe vertrauter Fachtermini gegeben. Persönlich habe ich beispielsweise noch keine besser strukturierten Erklärungen für die Verwendung des perfektiven Aspekt-Suffixes „le“ gefunden, die meinem, im Wesentlichen durch westlichen Fremdsprachenunterricht geprägten, Grammatikverständnis entsprechen. Der zweite Teil des Buches ist eine auf dem handlungsorientierten Ansatz basierende funktionale Grammatik, die sich ganz an der zeitgenössischen praktischen Verwendung des Hochchinesischen orientiert. Gegliedert nach Alltagssituationen wird den Lesern eine Vielzahl von Beispielen zum Verständnis des Aufbaus der Sprache im Kontext geboten. In diesem Zusammenhang unterstreichen diverse nützliche Querverweise zwischen den beiden Hauptteilen deren gewinnbringende Komplementarität: Normative Vorgaben werden so in die tatsächliche Verwendung übertragen und der Aufbau des Chinesischen in der Praxis kann wiederum durch eine eingehende Beschäftigung mit den formalen Regeln reflektiert werden.
So stellt sich das Buch gleichermaßen als Nachschlagewerk für fortgeschrittene Lernende als auch für Anfänger, die anhand der vorgeschlagenen Standardsituationen erste Erfahrungen mit der Verwendung des Hochchinesischen sammeln können, attraktiv dar. Für letztere Zielgruppe ist ebenfalls ein Abschnitt zur Erklärung grammatikalischer Fachtermini vorhanden, so dass hier keine Vorkenntnisse notwendig sind und man direkt in die Lektüre einsteigen kann. Da alle Beispiele (neben der Hanyu Pinyin Transkription) sowohl in den Standard-Kurzzeichen als auch in den in Taiwan, Hong Kong und diversen Overseas-Regionen noch verwendeten traditionellen Langzeichen angeboten werden, schränkt dieses umfassende Grammatik-Lehrwerk auch in diesem Aspekt keine Gruppe Lernwilliger und Wissbegieriger ein.
Bewertung: [5 von 5 Sternen!] |
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